Lampenfieber und unsere „inneren Monster“

Es gibt viele innere Monster, jeder kennt sie. Wir tragen sie immer mit uns herum, meist verhalten sie sich unauffällig. Doch in bestimmten Situationen melden sie sich umso stärker zu Wort.

Wenn es um Lampenfieber geht, so ist bei Musikern neben dem „Zweifler“ und dem „Vermeider“ – der gern auch zusammen mit dem „Angsthasen“ auftritt – vor allem das innere Monster in Form des unbarmherzigen „Kritikers“ relevant. Je nachdem, wie er gelaunt ist, lässt dieser kein gutes Haar an unseren Leistungen. „Die Intonation war schon wieder unsauber“ meckert er, oder „Diese Tonleiter klingt ja immer noch schwerfällig“. Wenn der „Kritiker“ uns nur lange genug bearbeitet hat, ruft er häufig den „Zweifler“ auf den Plan, der unsere Fähigkeiten grundsätzlich in Frage stellt: „Das wirst du nie hinkriegen“, lautet sein entmutigendes Fazit, „Vielleicht bist du ja auch einfach nicht talentiert genug. Anne Sophie Mutter (oder Yevgeni Kissin oder…..) konnte das bestimmt schon als kleines Kind“. Uff, das sitzt.
Je nach persönlicher Einstellung bietet sich nach einer solchen inneren Demontage der „Vermeider“ als Lösungsstratege an: „Ach“, säuselt er, „sag das Konzert doch einfach ab, du fühlst dich doch seit Tagen nicht so richtig gut.“

Grundsätzlich haben all diese Einflüsterer eine durchaus wichtige Funktion. Ohne den inneren Kritiker, der unsere Ansprüche hoch hält, würden wir ein bestimmtes Niveau nicht erreichen, ein gesunder Selbstzweifel bewahrt uns davor, unsere Fähigkeiten zu überschätzen. Und wenn der Stress zu groß wird, kann uns der Vermeider auch vor psychischer und physischer Überlastung schützen.

Wird ihr Einfluss aber zu mächtig, mutieren sie zu Monstern, die uns Angst machen, lähmen und unsere Entwicklung behindern.

Ziel im Coaching ist es, das richtige Gleichgewicht im Umgang mit unseren inneren Monstern zu finden. Gut sein zu wollen ist ein gesundes Streben – immer und überall der Beste zu sein, ist aber ebensowenig möglich wie perfektes, fehlerloses Musizieren. Wer dies anstrebt, wird mit großer Wahrscheinlichkeit scheitern – schon gar nicht wird er Erfüllung im Musizieren finden.

Das heißt nicht, dass man nicht das Ziel haben sollte, seine musikalischen Kompetenzen so weit wie möglich zu steigern. Gelingen wird das aber eher mit Geduld, innerer Ruhe und einem Grundvertrauen in die eigenen Fähigkeiten, das auch Grenzen respektiert.

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